Sohaib Ali – Umstrittene Religion

Die konkurrierenden politischen Theologien der transnationalen islamischen Akteur*innen Pakistans: Ein Vergleich der Mainstream-Deobandi-Diskurse und des militanten Islamismus

Sohaib Ali

Dieses Doktoratsprojekt versucht, konkurrierende politische Theologien zu analysieren, die sich aus unterschiedlichen Interpretationen und Anwendungen der einflussreichen sunnitisch-islamischen Ausrichtung der Deobandis ergeben – einerseits innerhalb ihres Netzwerks islamischer Schulen (Madrasas), andererseits durch militante islamistische Akteur*innen, die mit derselben Glaubensgemeinschaft verbunden sind. Das Deobandi-Seminarnetzwerk ist, nach seiner Hauptschule Dārul Uloom Deoband in Nordindien (gegründet 1866), ein lokal vorherrschendes System mit über 20.000 registrierten Seminaren in Pakistan und einer bedeutenden translokalen Reichweite durch die Predigtbewegung der Tablighi Jama’at; obwohl es auch militante Gruppierungen inspiriert hat, insbesondere die Taliban in Afghanistan und Pakistan. Daher bestehen in wissenschaftlichen Studien und in der politischen Literatur erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der Möglichkeit der Deobandi ulamā, sich für gewalttätige Mittel zu entscheiden. Der obskure Deobandi-Madrasa-Sektor erfordert eine eingehendere wissenschaftliche Untersuchung, sowohl um die Charakterisierung der in Pakistan ansässigen transnationalen islamischen Akteur*innen zu präzisieren, als auch um ihren Platz im gesamten Bedrohungsspektrum genau zu bestimmen

Diese Studie zielt darauf ab, die konkurrierenden Deobandi-Artikulationen und Legitimationen einer idealisierten islamischen Ordnung in nationalen und internationalen Kontexten zu verstehen. Es werden bereits vorhandene Textdaten verwendet, die vor allem fatāwa (religiöse Erlasse) und programmatische Erklärungen führender radikaler und Mainstream Persönlichkeiten, sowie die Monatszeitschrift des offiziellen Deobandi-Madrasa-Vorstands, Wifāq-ul Madāris, umfassen. Diese Daten werden analysiert, um die Divergenz und Intertextualität der Perspektiven in Bezug auf Spannungen im Zusammenhang mit gewaltsamen Rebellionen in muslimischen Staaten, dem "Jihad" und den Beziehungen zu nicht-muslimischen Staaten zu ermitteln. Die Ergebnisse werden für die Politikgestaltung zur Verbesserung der Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts in Südasien und in Regionen, in denen südasiatische Muslim*innen in der Diaspora leben, von großem Nutzen sein.