Dr. Elad Giladi

In den letzten 70 Jahren hat Saudi-Arabien ein bemerkenswertes städtisches Wachstum erlebt, das das Land von einer überwiegend nomadischen und ländlichen Gesellschaft in eine überwiegend städtische Gesellschaft verwandelt hat. Die Urbanisierung war der Rahmen, in dem sich die Modernisierung und Individualisierung der saudischen Gesellschaft entfaltet hat. Diese Veränderungen wurden in mehreren prominenten Studien untersucht. Es gibt jedoch keine umfassende kulturgeschichtliche Studie, die sich mit Romanen als Spiegel der saudischen Gesellschaft befasst hat. Meine Forschung basiert auf einer kritischen Lektüre und Analyse von etwa 40 saudischen Romanen, die als historische Quellen behandelt werden. Ziel ist es, das Verständnis für die massiven Veränderungen zu vertiefen, die die saudische Gesellschaft seit Mitte der 1970er Jahre erfahren hat. Mein Ansatz ist interdisziplinär und stützt sich auf die kombinierten Perspektiven der Middle Eastern Studies, der Literaturkritik, der Anthropologie, der Soziologie und der Gender Studies, um die Belletristik zu untersuchen, fragt aber auch, wie diese Disziplinen durch das Studium des Romans bereichert werden können.

Die verstrickten Beziehungen zwischen Stadt und Land werden in den Romanen saudischer Schriftsteller*innen auf unterschiedliche Weise behandelt, von Nostalgie und einer idealistischen Darstellung des Landlebens bis hin zu einer harschen Darstellung des saudischen Dorfes als Ort der Rückständigkeit, der Unwissenheit, des Aberglaubens, der Krankheit und des Todes. Dazwischen beschäftigen sich viele Romane mit dem Identitätsverlust, den die Mitglieder der ländlichen Gesellschaft erfahren, sei es im Dorf oder in der Stadt, in die sie migriert sind. Die Konzentration auf saudische Romane bietet eine einzigartige, multidimensionale Perspektive auf Fragen wie Identität, Gender, Tribalismus, Familismus, Urbanisierung und andere soziokulturelle Themen, die für die saudische Gesellschaft relevant sind.