Über arabische Handschriften gebeugt: Wissenschaftliche Forschung zum Islam und die Rezeption des europäischen Orientalismus in Südasien
Das Forschungsprojekt erforscht Mechanismen der Wissensproduktion und des Wissenstransfers zum Islam und der Geschichte der muslimischen Welt im Kontext des kolonialen und postkolonialen Südasiens. Es nimmt besonders lokale Gelehrte und Denker*innen in den Blick, die an kolonialen Bildungseinrichtungen unterrichteten und forschten und analysiert ihren Beitrag zur Islamwissenschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein zentrales Thema dieser Wissenschaftsgeschichte ist die Auseinandersetzung mit und Rezeption von europäisch geprägten Methoden des Islamstudiums, insbesondere die Geschichte des Orientalismus in Südasien.
Das Projekt zeigt auf, dass lokale Wissenschaftler*innen nicht nur passiv Wissen rezipierten oder als "Informant*innen" für europäische Akademiker*innen fungierten, sondern auch selbst neue und innovative Forschung zur islamischen Geschichte, Theologie, und religiösen Phänomenen betrieben. Es spürt zum einen den intellektuellen Impulsen nach, welche akademische Diskurse zum Islam antrieben und untersucht zum anderen die soziale und kulturelle Funktion akademischer Institutionen und der Gelehrten, die an ihnen forschten und lehrten. Weiterhin befasst es sich mit translokalen wissenschaftlichen Netzwerken, welche den Ideenfluss zwischen Südasien, Europa und dem Nahen Osten ermöglichten. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zur Ideengeschichte des modernen Islams, der Interpretation von Geschichtsbildern und Geschichtsauffassungen im kolonialen und postkolonialen Südasien, der Konzeptionalisierung und Kontextualisierung religiöser Autorität, und der Erforschung des Einflusses politischer Ideologien auf wissenschaftliches Arbeiten in einer zunehmend globalisierten Welt.